Die Realität des Mutterseins mit einer körperlichen Beeinträchtigung – Die tickende Mama
Mama tickt… Darüber haben wir schon vor der Schwangerschaft Witze gemacht: „Unser Kleines wird bald nur noch mit einer tickenden Uhr im Zimmer schlafen können.“
Man kann mich also ticken hören. Das liegt daran, dass ich eine mechanische Herzklappe habe. Ich wurde mit zwei Herzfehlern, nämlich Truncus Arteriosus Typ 1 und einem Vorhofseptumdefekt (ASD), geboren. Aus diesem Grund hatte ich drei Operationen am offenen Herzen, die letzte im Alter von 18 Jahren. Seitdem bin ich stabil. Irgendwann in der Zukunft wird wohl meine Spenderklappe wieder ausgetauscht werden müssen.
Muttersein mit einem Herzfehler
Schon seit meiner frühen Kindheit, träumte ich davon, Mutter zu sein. Ich träumte davon, ein kleines Wesen (am liebsten ein kleines Mini-Me) zu haben, um das ich mich kümmern, mit dem ich spielen und das ich ins Erwachsenenalter führen konnte. Meinen Herzfehler habe ich dabei nie als Hindernis angesehen. Als mir im Alter von 13 Jahren eine neue Herzklappe eingesetzt werden musste, hatte ich die Wahl zwischen einer Spenderklappe oder künstlichen Klappe. Ich entschied mich damals für eine künstliche Klappe wegen ihrer langen bzw. längeren Lebensdauer im Vergleich zu einer Spenderklappe, aber nur unter der Voraussetzung, dass sie nicht eine spätere Schwangerschaft ausschließen würde. Mein Kardiologe sagte mir damals, dass eine Schwangerschaft immer noch möglich wäre, aber dass die Antikoagulation während einer Schwangerschaft umgestellt werden müsste.
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Jetzt HerunterladenSchwanger werden mit einer mechanischen Herzklappe
Eine mechanische Herzklappe zertrümmert die Blutplättchen, die dann allerdings verklumpen können, wenn man nichts dagegen unternimmt. Daher muss man dann Antikoagulanzien einnehmen. Von der Einnahme oraler Antikoagulanzien wird im ersten Trimester und in den letzten Schwangerschaftswochen dringend abgeraten. Orale Antikoagulation wird dann durch die intravenöse Verabreichung der Antikoagulanzien ersetzt.
Kinderwunsch
Ich war beinahe 33 Jahre alt, als ich meinen Ehemann Jelle kennen lernte. Er hatte bereits zwei Söhne aus einer früheren Beziehung, und ich wünschte mir noch ein Kind. Als wir bereits ein Jahr lang in einer Beziehung waren, musste ich mich zum Kardiologen für meine (damals) alle zwei Jahre stattfindende Untersuchung. Jelle kam mit, weil wir uns über eine mögliche Schwangerschaft informieren wollten. Der Kardiologe hatte gute Nachrichten, mein Herz und meine Klappen waren stabil und jede positive Ultraschalluntersuchung bedeutete grünes Licht für ein Jahr. Allerdings sollte ich mich melden, sobald ein positiver Schwangerschaftstest vorläge, damit die Antikoagulans-Umstellung vorgenommen werden könnte.
Wie geht Muttersein mit einem Herzfehler
Jelle und ich haben viel über ein gemeinsames Kind gesprochen: Was das mit sich bringen würde, wer welche Betreuungsaufgaben übernehmen würde, wie würde ich mit der wenigen Energie, die ich ohnehin nur habe, zurechtkommen. Und vor allem: Würde mein Herz eine Schwangerschaft standhalten? Mein Herzfehler ist keine Erbkrankheit, daher beträgt die Chance, dass unser Kind einen Herzfehler haben würde, weniger als 5 %. Jelle war sehr aufgeregt – wegen meines Herzfehlers und der Betreuung eines Kindes. Aber dann sah er bei Freunden von mir, die trotz eines Herzfehlers eine Familie gegründet haben, wie gut das gehen kann. Das gab Jelle (und mir) das nötige Selbstvertrauen, ein Baby zu bekommen.
Schwanger!
Weniger als ein Jahr nach meinem Besuch beim Kardiologen war ich schwanger! Wir waren überglücklich, aber leider war das nur von kurzer Dauer. Die Schwangerschaft endete mit einer Fehlgeburt. Wegen der Antikoagulation musste ich mich einer Kürettage unterziehen.
Die Informationen, die wir von meinem Kardiologen bei der ersten Schwangerschaft erhielten, waren lückenhaft. Und während der Schwangerschaft wurden wir dann mit Überraschungen konfrontiert. Nach der ersten Schwangerschaft wechselte ich daher das Krankenhaus. Das neue Krankenhaus beschäftigt Kardiologen, die speziell schwangere Frauen betreuen. Für eine mögliche erneute Schwangerschaft suchten wir das Gespräch mit meinem neuen Kardiologen, der Schwangere betreut. Dieses Mal wurden die Risiken jedoch ausführlich besprochen. Ich machte mir keine Sorgen wegen der Pumpfunktion meines Herzens oder davor, dass meine Spenderklappe unter einer Schwangerschaft leiden würde (ich habe sowohl eine Spenderklappe als auch eine mechanische Klappe). Das größte Risiko war ein Thrombus in meiner mechanischen Herzklappe. Allerdings ich hatte die beste Prognose und wenn es doch eintreten sollte, versprach die Behandlung gute Ergebnisse für Mutter und Kind.
Erneut schwanger!
Ein paar Monate später lag wieder ein positiver Schwangerschaftstest vor. Im ersten Trimester war ich sehr aufgeregt, ich machte mir Sorgen, ob unser Baby überleben würde. Aber Ultraschall nach Ultraschall war gut, und langsam, aber sicher gewannen Vertrauen und Freude die Oberhand. Wir würden tatsächlich Eltern werden! Ich musste erst wieder zu Beginn des zweiten Trimesters zur Kontrolluntersuchung zum Kardiologen. Ich fühlte mich gut und machte mir keine Sorgen. Eigentlich hatte ich bis zu diesem Zeitpunkt noch nie Angst vor dem Besuch beim Kardiologen gehabt.
Ein Thrombus in der mechanischen Herzklappe
Aber es gab sehr wohl Grund für große Sorgen. Man vermutete einen Thrombus in meiner mechanischen Herzklappe. Mir brach der Boden unter den Füßen weg, ich durfte nicht nach Hause und musste in der Nähe von Ärzten bleiben. Nach mehreren Tests stellte sich heraus, dass ich tatsächlich eine Thrombose an meiner Herzklappe hatte und die intravenöse Antikoagulationsbehandlung begann. In den folgenden Tagen verschlechterten sich meine Werte und ich musste mich einer Behandlung mit einem Gerinnsel lösenden Mittel (Actilyse/Alteplase) unterziehen. Dabei bestand die Möglichkeit, dass die Plazenta bluten würde. Ich musste viele besorgniserregende Tage im Krankenhaus verbringen und bat häufig um Ultraschalluntersuchungen des Babys. Zu sehen, wie mein Baby auf dem Ultraschallbildschirm herumwirbelte, gab mir die Kraft, weiterzumachen. Die Behandlungen der Thrombose führte zu einer Blutung, die mir starke Schmerzen und Nervenschäden an meinem linken Bein verursachte.
Reha mit Physiotherapie

Plötzlich waren mein Herzfehler und das Muttersein nicht mehr meine größte Sorge, sondern wie würde es mit einem kaputten Bein weitergehen? Im Krankenhaus bekam ich Physiotherapie und als ich entlassen wurde, konnte ich mit einem Rollator ein paar Schritte gehen. Nachdem ich für ein paar Monate zu meiner Mutter gezogen bin (auf einem Bett im Wohnzimmer, weil meine Mutter von zu Hause aus arbeiten konnte), war ich stark genug, um wieder nach Hause zu gehen.
Die Wehen setzten schneller ein als erwartet
Es folgten ein paar wunderbare Wochen und dann kündigte sich plötzlich die Geburt etwas früher als erwartet an. Meine Fruchtblase platzte in der 35. Woche und 4 Tagen, die Wehen setzten ein, und einen Tag später wurde unser Sohn Joah mit einem Notkaiserschnitt unter Vollnarkose geboren. Der Kaiserschnitt musste unter Narkose durchgeführt werden, da ich noch nicht auf eine intravenöse Antikoagulation umgestellt worden war. Eine vaginale Entbindung kam nicht in Betracht, da unser Sohn noch Antikoagulanzien in seinem Körper und der Druck des Geburtskanals starke Blutungen verursachen konnte.
Nach der Entbindung konnte mich nicht um mich selbst kümmern
Nach fast vier Wochen im Krankenhaus, einem Kaiserschnitt, zwei Infektionen, drei Blutungen und drei Genesungsoperationen durften wir nach Hause. Joah war bereits aus der medizinischen Sorge entlassen worden und blieb die letzte Woche in meinem Zimmer. Ich war sehr geschwächt und wir haben Hilfe von vielen Seiten in Anspruch genommen. Ich konnte mich nicht selbst um Joah kümmern. Ich habe deswegen viele Tränen vergossen, denn ich hatte so hart mit dem Physiotherapeuten gearbeitet, um so viel wie möglich selbst machen zu können und jetzt konnte ich nur mit einem Rollator gehen. Ich fühlte mich aufgrund des niedrigen Hämoglobinspiegels sehr schwach.
Haushaltshilfe
Wir hatten eine „Saar aan Huis“ (bezahlte informelle Pflege durch die Krankenversicherung), eine Haushaltshilfe (gerade rechtzeitig indiziert, auch wegen Post-Covid bei Jelle), als ich wieder zu Hause war, kamen Freunde von mir zur Hilfe und auch meine Mutter half natürlich und hilft immer noch viel. Schritt für Schritt kam ich wieder auf die Beine und konnte immer mehr Pflegeaufgaben übernehmen.
Nie wieder sorglos zum Kardiologen
Zum Zeitpunkt dieses Berichts ist Joah 11 Monate alt, er rappelt sich auf, kann entlang an Möbeln laufen, krabbelt, ist fröhlich, unternehmungslustig, aktiv und findet, dass das Leben ein einziger großer Spaß ist. Früher hätte ich nie gedacht, dass mein Herzfehler eine so große Rolle in meiner Schwangerschaft spielen würde. Ein Besuch beim Kardiologen jetzt aber wird nie wieder sorgenfrei sein. Und jeder Tag mit meinem Sohn ist wie eine Feier.
Wie sich mein Herzfehler auf mein tägliches Leben auswirkt
Durch meinen Herzfehler merke ich im Alltag, dass ich schneller müde werde. Alles kostet mich einfach ein bisschen mehr Energie. Wenn ich längere Zeit stehe oder den ganzen Tag unterwegs bin, benutze ich daher einen Reiseroller, ein Elektromobil oder einen Schieberollstuhl und benutze zum Beispiel ein E-Bike anstelle eines normalen Fahrrads. Ich bin komplett abgelehnt.
Reaktionen auf die Schwangerschaft
Mir sind keine schlechten Reaktionen auf unseren Kinderwunsch und die Schwangerschaft begegnet. Ich glaube, jeder, mich selbst eingeschlossen, hat sich schon einmal gefragt: „Warum tun wir uns das jetzt schon wieder an?“ So viel Stress, so viele Komplikationen. Wir und die Menschen um uns herum sind vor allem erleichtert, dass sowohl ich als auch Joah am Leben sind.
Wir schaffen das gemeinsam!
In unseren Planungen vor der Schwangerschaft hatte ich Jelle gegenüber erwähnt, dass es schön wäre, wenn er die Frühschicht übernehmen würde, damit ich mich erholen kann. Aber tatsächlich stehe ich jetzt fast jeden Tag gemeinsam mit Joah auf und erledige die meisten Pflegeaufgaben. Jelle arbeitet tagsüber und ist daher tagsüber nicht immer da. Wenn ich mal sehr müde bin oder schlecht geschlafen habe, frage ich Jelle manchmal, ob er früher aufstehen kann, damit ich mich noch ein bisschen ausruhen kann. Für mich hat das nicht so sehr mit meinem Herzfehler zu tun, sondern damit, dass wir beide Eltern sind, die Betreuungsaufgaben übernehmen können. Wir kümmern uns beide um Joah und kümmern uns umeinander.
Die Zweifel, die Jelle hatte, sind verschwunden, er sieht, wie gut es mir und Joah geht. Ich werde mich wohl in Zukunft einer weiteren Operation unterziehen, um meine Spenderklappe zu ersetzen. Wir werden sehen, wie das gehen wird. Wir haben in den letzten beiden Jahren schon so viel durchgemacht, wir werden auch das gemeinsam schaffen.