Von der eigenen Fehlgeburt zur Begleitung anderer Frauen

Montagmorgen, 10 Uhr, Untersuchungsraum in der gynäkologischen Abteilung. Kalter Ultraschallgel auf meinem Bauch. Ich bin in der 15. Schwangerschaftswoche und habe seit gestern Blutungen. Schon bald erscheint unser Kleines auf dem Bildschirm. Es liegt still da. Das Herz schlägt nicht mehr. Die Größe entspricht etwa der 13. Woche.
In dem Moment, in dem ich es selbst sehe, kommen die Tränen. Ich hatte Angst, dass etwas nicht stimmte, aber ich hatte auch noch Hoffnung. Jetzt ist diese Hoffnung weg, und der Schmerz legt sich wie ein feuchter Schleier über mich.

EXPERTE
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begleitet seit über zehn Jahren Frauen nach einer Fehlgeburt oder mit einem noch unerfüllten Kinderwunsch auf ihrem Weg zu mehr Ruhe und Klarheit.

Eine Fehlgeburt trifft tief

Ich wusste, dass so etwas passieren kann. Aber ich hatte keine Vorstellung davon, wie sehr es einen trifft, wenn es einen selbst betrifft. Nach dieser späten Fehlgeburt ist es uns noch einmal passiert. Und kurz danach wusste ich: das mache ich kein weiteres Mal mit.

Ich wollte nicht, dass unser Leben – und das unseres Sohnes, den wir zum Glück schon hatten – nur um das kreist, was nicht ist. Ich wollte wieder Freude empfinden für das, was da ist. Und wir waren doch ein schönes Dreierteam.

Nach der Geburt unseres Sohnes habe ich lange überlegt, ob ich noch ein zweites Kind möchte. Und als wir endlich fühlten: ja, wir sind bereit, da passierte das.

Vom eigenen Verlust zur Fehlgeburtsbegleitung

Zwei Jahre später begann ich eine Ausbildung zur psychosozialen Therapeutin. Am Anfang war ich sicher: mit dem Thema Fehlgeburt möchte ich nichts machen, das ist zu nah. Und das war damals auch so.

Aber dann kam das Thema immer wieder hoch. In der Selbsterfahrung, in Seminaren, in persönlichen Arbeiten. Immer wieder wurde es berührt. Und genau da begann meine Heilung, auf einer tieferen Ebene.

Im dritten Jahr, bei der Arbeit an einer Hausarbeit, kam der Gedanke: Warum mache ich es mir so schwer? Genau DAS habe ich damals vermisst. Und genau DAMIT kann ich für andere einen Unterschied machen. So entschied ich mich, meine Abschlussarbeit über Trauer nach einer Fehlgeburt zu schreiben. Kurz darauf eröffnete ich als eine der ersten in Deutschland meine Praxis für Fehlgeburtsbegleitung.

„Du bist nicht einfach nicht-mehr-schwanger, du trauerst um ein ungekanntes Kind.“

Eine Fehlgeburt ist oft ein einsamer Prozess

Was mich am meisten getroffen hat, war die Einsamkeit. Niemand fühlte es so wie ich, nicht einmal mein Partner. Niemand verstand wirklich, wie ich mich fühlte. Es gab Menschen, bei denen ich weinen oder reden durfte, aber ich musste erst erklären, wie es sich anfühlt. Und das machte alles noch einsamer.

Wenn ich an all die Frauen denke, die sich heute ähnlich fühlen, dann bewegt mich das sehr. Und genau deswegen mache ich diese Arbeit seit über zehn Jahren – mit ganzem Herzen.

Eine Schwangerschaft zu verlieren heißt, ein ungekanntes Kind zu verlieren

Eine Fehlgeburt ist kein kleines Ereignis. Es ist ein tiefer Verlust. Und das gilt auch für Schwangerschaften, die anders enden, etwa durch eine Eileiterschwangerschaft oder nach einer Entscheidung infolge pränataler Diagnostik.

Egal, wie früh es war, du hast dein Kind unter deinem Herzen getragen. Du hast es bereits geliebt. Und nun musst du dich verabschieden, bevor du es überhaupt kennenlernen konntest. Du bist nicht einfach nicht-mehr-schwanger, du trauerst um ein ungekanntes Kind. Auch eine frühe Fehlgeburt kann dich tief treffen.

Wie lange dauert die Trauer nach einer Fehlgeburt?

Trauer braucht Zeit. Oft länger, als man selbst denkt – und länger, als das Umfeld versteht. Rund um den errechneten Geburtstermin kann die Trauer wieder stärker werden. Und das ist völlig in Ordnung. Es darf so lange dauern, wie du es brauchst.

Viele Frauen finden ihren Weg alleine zurück ins Leben. Aber wenn du damit kämpfst – weil du viel um die Ohren hast, weil es lange gedauert hat, bis du schwanger wurdest oder weil du mehrere Fehlgeburten hattest – dann kann es schwer sein, wieder in den Alltag zu finden.

Fehlgeburtsbegleitung kann entlasten

Spürst du, dass dich dein Verlust mehr trifft als gedacht? Sehnst du dich nach innerer Ruhe? Dann kann eine professionelle Fehlgeburtsbegleitung dir helfen – online oder vor Ort, im Einzelgespräch oder in kleinen Gruppen. Du musst da nicht allein durch.

Irene Otto begleitet seit über zehn Jahren Frauen nach einer Fehlgeburt oder mit einem noch unerfüllten Kinderwunsch auf ihrem Weg zu mehr Ruhe und Klarheit.

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